Erste Reiseeindrücke von Marie-Louise Hermann und Martina Schulz Amerikareise der Werkvolkkapelle Neumarkt, vom 16.09.-23.09.04

Werkvokkapelle went USA

Donnerstag, 16.09.2004

2.00 Uhr: Vier voll besetzte Busse stehen am Parkplatz an der Dammstrasse zur Abfahrt bereit. Nach zwei Jahren Planung, in der auch ein feierlicher Empfang des Organisators der Steubenparade William Hetzler im Reitstadl stattfand, konnte die Reise beginnen. Für eine Person aber kam die Abreise früher als gedacht – Manuel musste nach unzähligen Weckanrufen sehr spontan selbst zum Frankfurter Flughafen fahren. Sonst aber ging alles gut und die Gruppe konnte schließlich gemeinsam einchecken. Um 8.30 Uhr hob der Flieger der Singapore Airlines nach Übersee ab. Der siebenstündige Flug zog sich lang hin – entschädigt wurden wir aber durch gutes Essen, eine Auswahl an 42 Spielfilmen und durch Nintendospiele. 10.15 Uhr New Yorker Ortszeit landeten wir endlich auf dem John F. Kennedy Flughafen und konnten große Trommeln, Tuben und Schäfflerbögen unversehrt in Empfang nehmen. Die strengen Mienen und Sicherheitskontrollen der Security ließen den einen eher kleinlaut werden, den anderen brachten sie zum Schmunzeln. Auf dem Weg nach New Jersey zu unserem Hotel machten wir bereits den ersten Orientierungsstop mitten in Manhattan. Überwältigt von dieser Metropole und der Schnelligkeit des Reiseführers mussten einige den Weg über den Time Square zurück zum Bus alleine bestreiten. Im Hotel angekommen und in den ersten Genuss amerikanischen Essens gekommen, hatten wir abends Zeit, das pulsierende Nachtleben von Manhattan mit seinen Straßenmusikern und der Fülle von Leuchtreklamen erfahren zu können.

FR 17.09. 2004

9.00 Uhr: Heute begann der Tag mit dem Besuch des Ground Zero. Je länger wir uns dort aufhielten, desto stiller und bedrückender wurde die Stimmung. Es ist unmöglich, sich diese Katastrophe und alles was sie mit sich brachte, vorzustellen. Auch wenn man direkt davor steht und einem die Tatsache durch Bilder und Gedenktafeln an den hohen Eisenumzäunungen verdeutlicht wird. Am beeindruckendsten war ein Kreuz, das die Helfer aus Schuttteilen des World Trade Centers zusammengebaut hatten. In der Wall Street, zwischen hektischen Börsenspekulanten mit „Coffee to go“ in der Hand, begegneten wir einer riesigen Plastikratte, die unzufriedene Arbeitnehmer dort direkt unter dem Denkmal für George Washington aufgestellt hatten. Am South Street Seaport fand an einem unscheinbaren kleinen Ort, an dem der erste Stein der Stadt gelegt worden war, der Empfang durch den zweiten Bürgermeister statt. Wir spielten mit zwei anderen deutschen Kapellen im Wechsel, die Schäffler durften vor einem lokalen Fernsehteam einen Teil ihres Tanzes aufführen und auch die Volkstanzgruppe aus Nürnberg gab ihr Bestes. Unter Zeitdruck bekamen die teilnehmenden Gruppen eine Teilnehmerurkunde und eine Medaille verliehen, wurden kurze Dankes- und Willkommensreden gehalten und bereits nach 90 Minuten ging es weiter zum Empire State Building. Trotz morgendlichem Nebel hatten wir nun, im 86. Stock in 320 Meter Höhe, einen tollen Rundumblick über New York. Bei Einbruch der Dunkelheit gingen wir an Bord der Circle Line und genossen eine zweistündige Rundfahrtum das beleuchtete Manhattan mit seiner Skyline. Die Aussicht vom Schiff war gigantischer als jede Postkarte und der Anblick der Freiheitsstatue rief bei vielen ein Gefühl unbegrenzter Möglichkeiten hervor. Vom Winde verweht kamen wir uns am Bug des Schiffes vor wie im Film „Titanic“.

Samstag 18.09.2004

8.15 Uhr: Die geplante Abfahrt zum eröffnenden Gottesdienstes der Steubenparade in der St. Patrick‘s Cathedral musste wegen Regengüssen verschoben werden. Wir entschieden uns, Regencapes zu kaufen, um Kostüme und Uniformen zu schützen und mussten daher leider auf den Gottesdienst verzichten. Auf den Strassen standen manche Autos reifentief im Wasser, aus den Gullideckeln schossen meterhohe Fontänen an Abwasser und das NYPD hatte alle Hände voll zu tun. An der 5th Avenue angekommen, stellten wir uns zur Parade auf, worauf sogleich eine Dame des Organisationsteams auf unseren Dirigenten Martin Miess zustürmte und ihn wegen Nichterscheinens in der Kirche heftigst tadelte: „Dann muss man eben eine Stunde eher aufstehen!“ Als ob das der Grund dafür gewesen wäre! Zu Beginn spielten wir die Hymnen und nahmen dann gegenüber der Tribüne unseren Platz ein. Beim Vorüberziehen der anderen Gruppen gaben wir einigen musikalisches Geleit oder bekamen Bonbons und andere Kleinigkeiten zugeworfen. Unsere Vorstellungen über Größe und Pracht der so bekannten Parade wurden enttäuscht. Vielleicht kann man eine Teilschuld dem Wetter zuschreiben. Ein kleines Chaos verursachten die Zuständigen der Parade, als sie uns, unwissend voneinander, an verschiedenen Stellen der Fifth Avenue das Ende der Parade vorschrieben. Das Ende vom Lied: Nicht wir spielten die Abschlusshymne, sondern eine andere Gruppe, während wir den zu weit gelaufenen Weg auf dem Gehsteig wieder zurückkehrten. Doch zum Glück hatten wir uns bereits an den amerikanischen „way of life“ gewöhnt und nahmen das Ganze „keep cool“ ! Die anschließende Party im Central Park bei Bier und Bratwurst fiel wortwörtlich ins Wasser und unser geplanter Auftritt platzte. Wir fuhren enttäuscht frühzeitig zum Hotel zurück. Trotz allem waren wir stolz, unsere Stadt als Musiker vertreten haben zu dürfen und dabei gewesen zu sein.

Sonntag 19.09.2004

8.45 Uhr: Nach einer erneut sehr kurzen Nacht – das Frühstück war einfach immer zu früh angesetzt – ging‘s in den Bussen los zur vierstündigen Stadtrundfahrt durch Manhattan. Unser fachkundiger Stadtführer zeigte uns neben den zwei Opernhäusern, China Town, den Stadtteil SoHo, dem Chrysler Building und dem Rockefeller Center auch die seiner Meinung nach schönste Stelle des Central Park, die „so schön, so schön, so schön“ ist. Scheinbar wie abgemacht, fand, parallel zum Stadtlauf in Neumarkt, auch hier im Park ein Volkslauf statt. Den ganzen Nachmittag hatten wir nun zur freien Verfügung. Individuell gestalteten wir uns die Zeit mit z.B. ausgiebigen Stadtrundgängen, einer Broadway Musical Aufführung, weiteren Besuchen von Sehenswürdigkeiten oder einem Essen in China Town. Der Anblick von Gaststube und Küche schockierte jedoch so manchen. Da dies unser letzter Tag in der Stadt, die niemals schläft, war, war jeder noch schnell auf der Suche nach Souvenirs aus den sogenannten „gift shops“. Die Mädels und Jungs, die auf Shoppingtour waren, hatten am Ende des Tages randvolle Tüten und ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht und auch alle anderen zogen ein äußerst positives Resümee dieses Tages.

Montag 20.09.2004

8.30 Uhr: Unsere Reise führte uns weiter nach Lancaster County. Durch das Amishland hindurch, in dem die Nachfahren der deutschen Siedler seit dem 17. Jahrhundert leben und oft noch damalige Traditionen pflegen, hielten wir in einem typischen Bake Shop. Viele von uns hatten Appetit auf deren Selbstgebackenes bekommenund deckten sich mit Cookies und Blaubeerkuchen ein. Mittags gab es ein chinesisches „All you can eat“ Büffet. Es war sehr lecker und ließ keine Wünsche offen. Jedoch auch hier, wie überall in Amerika, fischten wir erst einmal die Eiswürfelmassen aus den Getränkebechern, die die Wirkung der Klimaanlage – auch überall in Amerika vorhanden – noch zusätzlich verstärkt hätten. Unseren Verdauungsspaziergang machten wir durch ein Outlet Mall. Erneut konnten die Einkaufstüten gefüllt werden und der Platz in den Koffern wurde immer knapper. Anschließend führte uns der Weg nach Baltimore- eine für die Einwanderung in die USA sehr bedeutende Hafenstadt. Die Zeit in der Hafengegend verbrachten einige mit einem Spaziergang bei Sonnenuntergang, die anderen zog es in‘s Hard Rock Cafe, wo man sich mit den bekannten T-Shirts eindeckte. Um 20.00 Uhr traten wir die letzte Etappe des Tages an, die uns nach Washington in unsere Hotelbetten führte.

Dienstag 21.09.2004

Erneut brachen wir gegen 9.00 Uhr zu einer ausgiebigen Stadtrundfahrt auf, die uns an die wichtigsten Plätze Washingtons führte. Vorbei am Pentagon, in welches am 11. September 2001 ebenfalls ein Flugzeug einstürzte, besuchten wir zuerst das Grab von John F. Kennedy. Auf einer Anhöhe des Arlington National Cemetery liegt dieser dort neben seiner Frau begraben und ein stets brennendes Feuer gedenkt seiner. Der nächste Stopp brachte uns an die Westseite des Weißen Hauses. Beim Anblick zweier Scharfschützen auf dem Dach des Gebäudes bekam man doch ganz schön Respekt und traute sich keine falsche Bewegung mehr zu machen. Weiter in der Tour, an den Randgebieten der Bronx vorbei, kamen wir zum Lincoln Memorial. Dessen riesiges Denkmal befindet sich mitten im Vietnam Veterans Memorial. Ein großer Park, in dem durch viele Statuen und Gedenktafeln an die Kriege in Vietnam und Korea erinnert wird. Auch hier zeigten sich uns beim Anblick von Gedenktafeln mit Namen der Gefallenen auf erschütternde Weise die Auswirkungen von Terror und Krieg. Auf dem Weg zum Capitol liefen uns hunderte Indianer über den Weg. Grund für die Begegnung mit den Rothäuten in ihren farbenprächtigen Kleidern war die Eröffnung eines neuen Museums. Endlich wurden nun die lang ersehnten Gruppenfotos vor den Stufen des Capitols gemacht. Die Aufstellung in der prallen Sonne ließ uns nach kürzester Zeit ganz schön in‘s schwitzen kommen und das minutenlange Lachen in hunderte Kameras fiel immer schwerer. Doch der Ansatz der Spieler für den folgenden Auftritt musste nun hergestellt werden und so schraubten wir das Lachen ab, stiegen wieder in unsere- frisch von der Polizei kontrollierten Busse und fuhren zum Auftrittsort. Eine halbe Stunde lang gaben Werkvolkkapelle, Schäffler- und Volkstanzgruppe ihr Bestes und erhielten dafür deutschen Applaus. Nach einem kurzen Spaziergang am Jefferson Memorial gab‘s wieder typisch amerikanisches „All you can eat“- Abendessen und somit begann auch schon unser letzter Abend in der Hauptstadt der USA. Dieser wollte natürlich gebührend gefeiert werden und so schlossen sich kleinere oder auch größere Gruppen zusammen. Der Vorrat an diversen Spirituosen eines kleinen Supermarktes wurde fast restlos aufgekauft und der Dank der noch nicht 21- jährigen geht hierbei an unseren Mitch. Die jüngere Generation versammelte sich nun zu 22 Mann in einem Hotelzimmer, während die älteren die nahe gelegenen Bars und Kneipen aufsuchten. Die Nacht wurde zum Tag...

Mittwoch 22.09.2004

Die für 8.30 Uhr geplante Abfahrt verschob sich aufgrund des vorhergehenden Abends um einige Minuten. Die folgende Busfahrt von 222 km ließ uns jedoch genügend Zeit, den verpassten Schlaf der letzten Tage wieder nachzuholen. Bei strahlendem Sonnenschein erreichten wir Philadelphia. An der Independent Hall ausgestiegen marschierten wir zur Besichtigungsstelle der Liberty Bell. Wieder einmal- wie auch im Empire State Building- hieß es: „Gürtel und Schmuck bitte ablegen!“ Die vielen Sicherheitskontrollen der Amerikaner wurden zwar mit der Zeit etwas nervig, verliehen uns aber ein äußerst sicheres Gefühl. Mit Freude wurde nun innerhalb des Gebäudes mit kleinen Glocken Musik gemacht und die letzten Fotos vor der aufgebauten Freiheitsglocke wurden geschossen. Nach einem kurzen Gang in Philadelphia, wobei die Börse wie ein Magnet sehr viele der Neumarkter anzog, traten wir den Weg zum Flughafen an. Wie bereits in der Früh hieß es hier dann Abschied von einigen unserer Mitreisenden zu nehmen, die ihren Aufenthalt in Amerika verlängert hatten. Um ca. 21.45 Uhr hob der Flieger der Singapore Airlines ab und nach einem Flug mit vielen Turbulenzen, fast dauerhafter Anschnallpflicht und wenig Schlaf hatte uns um 11.45 Uhr unserer Zeit der deutsche Boden wieder. Von Frankfurt ab fuhren wir mit drei Bussen via Heimat und kamen schließlich um 16.12 Uhr wieder in Neumarkt an! Um ein abschließendes Resümee ziehen zu dürfen, können wir ausschließlich sagen, dass diese – in unserem Musikerleben wohl einzigartige – Reise mehr als gelungen war! Wir durften innerhalb einer Woche sehr viel sehen, erleben, kennen lernen und um viele Erfahrungen reicher alle wieder gesund und glücklich- natürlich auch ein bisschen stolz- nach Hause zurück kehren. Außerdem diente alles wieder einmal dazu, das allzu wichtige Gemeinschaftsgefühl der Kapelle zu stärken und neue Freundschaften zu knüpfen. Jeder der selbst dabei war, wird wohl sagen können: „I will never forget!“